In unserer modernen Welt kommt es immer mehr zu dem Gefühl eines Overflows. Dies führt dazu, dass vormals sehr erfolgreiche Systeme, wie u. a. das klassische Zeitmanagement, bei unseren heutigen Anforderungen zunehmend versagen.

In diesem Blogartikel stelle ich Ihnen drei Punkte vor, mit denen Sie Ihr wertvollstes Arbeitsmittel ­– Ihr Gehirn – noch besser für Ihren Erfolg einsetzen können: dank gehirngerechter Arbeitsorganisation.

Wir schwimmen im Meer der stetig steigenden Informationen, Möglichkeiten und Anforderungen! Ein natürlicher Impuls sagt uns, dass wir die Kontrolle nicht verlieren dürfen. Diese Angst vor Kontrollverlust führt jedoch leider dazu, dass wir erst in eine Art Starre geraten und vor lauter Anforderungen nicht wissen, wo wir anfangen sollen. Aus diesem Zustand verfallen wir dann in plötzlichen Aktionismus, fangen unsystematisch bei dem an, was uns gerade über den Weg läuft oder was sich auf irgendeine Weise aufdrängt. Dadurch verlieren wir Produktivität, was jedoch nicht unbedingt wahrnehmbar wird, denn wir tun ja den ganzen Tag über etwas, machen darüber hinaus Überstunden und arbeiten insgesamt länger und intensiver. Was also läuft schief?

Eine mögliche Antwort auf diese Frage: Wir haben unseren Arbeitstag noch nicht an die Belange unseres Gehirns angepasst.

Sehr wahrscheinlich wird Ihnen vieles von dem, was ich gleich vorstelle, bereits bekannt sein. Die entscheidende Frage lautet jedoch: Was von dem, das Sie als sinnvoll für sich erachten, wenden Sie auch an? Denn Wissen alleine reicht bekanntlich nicht aus, wir müssen es auch anwenden.

 

1. Vergessen Sie Multitasking!

Durchschnittlich alle drei Minuten wechseln Menschen, die im weitesten Sinne einer Bürotätigkeit nachgehen, ihre Aktivität (laut einer Studie zum Thema Multitasking aus dem Jahr 2005). Nach meinen Beobachtungen würde ich annehmen, dass es heute noch häufiger passiert.

Eine weitere Zahl dazu: Wenn wir zwischen zwei Aufgaben hin- und herspringen, benötigen wir 40% mehr Zeit, als hätten wir die zwei Aufgaben nacheinander abgearbeitet – und wer belässt es schon bei nur zwei Aufgaben gleichzeitig …

Das Erstaunliche daran ist, dass wir alle wissen, dass Multitasking uns nicht schneller macht, es jedoch immer wieder darauf ankommen lassen. Einstein soll gesagt haben: „Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun, jedoch ein anderes Ergebnis zu erwarten.“ Sind wir also wahnsinnig geworden? Ich glaube, nein. Jedoch zeigt unser Multitasking-Verhalten, dass wir ohne Erfolg versuchen, der Lage irgendwie Herr zu werden. Was steckt dahinter?
Aus meiner Sicht sind es zwei Dinge, die mit unserem Gehirn zu tun haben:

1. Unser Belohnungssystem kommt uns in die Quere. Insbesondere dann, wenn das Gefühl vorherrscht, sehr viel zu tun zu haben, neigen wir dazu, eher kleinere Dinge zu erledigen, denn das gibt uns ein gutes Gefühl. Das Gehirn schüttet dann nämlich den Neurotransmitter Dopamin aus und dieser sorgt für einen kleinen Glücks-Kick.

Dieses gute Gefühl verleitet uns dann, mehr von den kleinen Dingen zu tun und jedes Mal den Dopamin-Kick als Belohnung zu erhalten. Und dies führt dazu, dass wir uns schnell ablenken lassen, wenn wir eine Sache entdecken, die wir schnell erledigen können. Also entwickeln wir die Tendenz, eher viele kleine als die großen wichtigen Dinge zu tun, bzw. uns dabei immer wieder selbst abzulenken.

2. Unser limbisches System reagiert reflexartig auf Neues. Unser Gehirn ist das komplexeste System der Welt. Jedoch ist es nicht für unsere moderne Arbeitswelt konzipiert.

Unser Gehirn hat lediglich eine Aufgabe: unser Überleben sichern. Dafür hat es verschiedene Systeme, die es bei dieser Aufgabe unterstützen. Eines ist das limbische System, welches uns vor Gefahren schützen soll. Dazu ist es darauf programmiert, Neues in unserer Umgebung blitzschnell wahrzunehmen und uns zu alarmieren.

Unglücklicherweise sind all unsere modernen Kommunikationsmittel darauf ausgelegt, entweder akustische oder visuelle Hinweise auszusenden. Wir können quasi gar nicht anders, als früher oder später darauf zu reagieren. Jeder kennt das: man hat sich vorgenommen eine Aufgabe abzuschließen und dann erscheint ein Signal, dass ein neues E-Mail oder eine WhatsApp-Nachricht eingetroffen ist. Erst bleibt man standhaft, aber irgendwann nisten sich die kleinen Gedanken ein, wie „Wer könnte wohl was von mir wollen?“ oder „Was, wenn es etwas Wichtiges ist?“ Also unterbrechen wir früher oder später unsere Arbeit. Im Idealfall sind wir nach dem Lesen der Nachricht beruhigt und kehren zurück zu unserer ursprünglichen Aufgabe. Häufig jedoch springen wir zu einem völlig anderen Thema und müssen uns danach erst wieder neu in die ursprüngliche Aufgabe hineindenken.

Wie lautet hier die Gegenstrategie?

Zum einen ist es bei komplexen Aufgaben, für deren Erledigung wir uns konzentrieren müssen notwendig, sich für den Bearbeitungszeitraum abzuschirmen. Das bedeutet, möglichst alle Störquellen auszuschalten. Ja, das ist möglich! Dabei ist zu beachten, dass unsere Leistungsfähigkeit nach ca. 60 bis 90 Minuten rapide abnimmt. Es macht also Sinn, den Zeitraum, dem Sie sich der wichtigen Aufgabe widmen wollen nicht länger als 90 Minuten zu planen.

Zum anderen ist anfangs Willenskraft gefragt, um sich zu disziplinieren, immer nur eine Sache nach der anderen zu bearbeiten. Nach einer gewissen Zeit wird es zur Routine und die Anstrengung lässt deutlich nach. Dann hat sich diese neue Arbeitsweise des Singletasking zur Routine entwickelt.

 

 

2. Machen Sie Ihren Kopf frei

So komplex unser Gehirn auch ist, es ist nicht gerade besonders gut darin, viele Dinge gleichzeitig im Kopf zu behalten. Studien besagen, dass uns dies bei drei bis vier Dingen noch recht gut gelingt, sofern sie nicht zu komplex sind. Darüber hinaus funktioniert es irgendwann nicht mehr. Häufig kommt es dann zu Gedankenkreisen. Dies liegt daran, dass wir unserem Gehirn sagen, dass es bestimmte Dinge auf keinen Fall vergessen darf. Dieses ständige Gedankenkreisen führt zum einen dazu, dass es uns zunehmend schwerer fällt, abzuschalten. Zum anderen blockiert es wertvolle Rechnerkapazität, die uns bei der Lösung von Problemen oder der Bewältigung von wichtigen Aufgaben fehlt.

Hier hilft ein Prinzip, welches auf den Autor David Allen zurückgeht: Machen Sie Ihren Kopf frei.

Sicher kennen Sie den Tipp bei nächtlichem Erwachen und Grübeln, sich einen Zettel oder Notizbuch neben das Bett zu legen und die Dinge, die aufzuschreiben, die Ihnen im Kopf rumschwirren. Darauf beruht das besagte Prinzip.

Es geht darum, möglichst alles, was Sie an Informationen, Aufgaben, To-dos, Terminen o. ä. beschäftigt, an einem sicheren Ort zu sammeln, sodass es bei Bedarf abrufbar ist, Ihr Gehirn jedoch nicht mehr belastet. Dazu ist es wichtig, dass Sie diesem Ordnungssystem vertrauen und sich sicher sind, dass darin tatsächlich nichts verloren geht.

Aus diesem Grund gibt es aus meiner Sicht kein Patentrezept für ein solches Ordnungssystem. Schon deswegen, weil manche von uns digitale Systeme, manche eher Papier und Stift bevorzugen. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass Sie überall, wo es relevant ist, auf dieses System zugreifen können. Darüber hinaus geht es im ersten Schritt lediglich darum, alles zu sammeln, was Ihnen in den Sinn kommt oder Ihnen in Meetings, Telefonaten etc. über den Weg läuft.

Da es nicht sinnvoll ist, einfach Dinge zu sammeln, ohne sich später weiter damit auseinander zu setzen, ergibt sich die logische Folge, sich dieser Sammlung regelmäßig zu widmen. Hier hat sich ein Rhythmus von einer Woche bewährt. Ideal dafür ist der Freitag.

Beispielsweise jeden Freitag sehen Sie Ihr System durch und sortieren die Dinge dorthin, wo sie hingehören. Hierbei ist die 2-Minuten-Regel zu beachten: Alles, was nicht länger als zwei Minuten dauert, um es zu erledigen, wird sofort bearbeitet. Alles andere wird terminiert bzw. abgelegt.

Wie das mit neuen Systemen so ist, erfordert es anfangs etwas Zeit, sie zu implementieren. Nach einer kurzen Umgewöhnungsphase sparen Sie aber langfristig Zeit. In diesem Fall führt das Notieren zu innerer Ruhe, weil Sie wissen, dass alles unter Kontrolle ist. Sie werden besser schlafen.

3. Lernen Sie wieder, sich zu konzentrieren

Wir lassen uns schnell ablenken und geben dem Impuls oft und gerne nach. Dies führt zwar dazu, dass wir permanent beschäftigt sind, jedoch häufig mit den falschen Dingen. Wir konzentrieren uns zu sehr auf alles was reinkommt und zu wenig auf das, was wir im Ergebnis produzieren.

Dann wird es eng und alle Energie wird auf die Erledigung der wichtigen Sache gelenkt, die jetzt zeitkritisch geworden ist. In der Regel klappt es auch, denn in solchen Situationen greift das Parkinsonsche Gesetz. Einfach ausgedrückt: Fahren wir in den Urlaub und haben einen kleinen Kofferraum, ist er voll. Haben wir einen großen Kofferraum, ist er auch voll. Wir nutzen also die zur Verfügung stehende Ressource voll aus. Ist sie knapp, kommen wir auch damit aus. Unter Zeitdruck erlauben wir uns keine Ablenkung, weil wir es sonst nicht schaffen würden. Dieses Prinzip greift regelmäßig vor dem Urlaub.

Würden wir dieses Gesetz auch im Arbeitsalltag anwenden, könnten wir unseren Output ggf. extrem steigern und zugleich Zeit und Energie sparen.

Wie das funktioniert? Für den größtmöglichen Nutzen, sind diese drei Aspekte miteinander zu kombinieren:

  • Prioritäten setzen! Zunächst müssen wir zwischen Effektivität und Effizienz unterscheiden. Wir müssen festlegen, was zu tun ist (Effektivität = die richtigen Dinge auswählen), ehe wir überlegen, wie wir es erledigen (Effizienz = die Dinge richtig tun).
  • Wir benötigen ungestörte Zeit, um konzentriert an den ausgewählten Aufgaben arbeiten zu können. Wie oben bereits erwähnt, sollten wir uns dafür abschotten. Es ist nämlich energiesparender Störungen auszuschalten, als ihnen zu widerstehen, denn dies kostet Willenskraft und diese ist erschöpflich.
  • Wir müssen die eingeschränkte Energie berücksichtigen, die uns zur Verfügung steht. Aus dem Biologieunterricht wissen Sie vielleicht noch, dass unser Gehirn lediglich 2% der Körpermasse ausmacht, jedoch 20% der gesamten Energie benötigt. Dieser Energiebedarf ist insbesondere beim Denken, Problemlösen und Verknüpfungen herstellen sehr hoch. Aus diesem Grund sind Pausen nicht verhandelbar, wenn wir Höchstleistungen vollbringen wollen. Mein Tipp: Aufgaben, die Konzentration erfordern, einfach mit Routineaufgaben abwechseln. Außerdem ist der richtige Treibstoff wichtig, wie z. B. eine Banane, eine Handvoll Nüsse oder ein Joghurt mit Früchten, Nüssen und Honig gesüßt.

Singletasking, freier Kopf oder volle Konzentration – falls sich der ein oder andere Punkt für Sie lohnenswert anhört, um ihn vielleicht auszuprobieren, suchen Sie sich bitte zunächst den Punkt heraus, den Sie für sich am vielversprechendsten einschätzen und starten Sie damit. Denn wenn wir versuchen, zwei oder drei Dinge parallel zu verändern, bleibt es oft beim Versuch.

In diesem Sinne, viel Erfolg!