Das neue Schlagwort Mikromanagement beschreibt ein Phänomen, welches viele Unternehmer, Geschäftsführer und Manager aktuell umtreibt. Die Folgen sind ein generelles Gefühl von Zeitnot, ein zu starkes Eingebundensein in operative Themen, das chronische Fehlen oder Streichen von Strategiezeit, Dauerstress und große Unzufriedenheit.

In diesem Blogartikel möchte ich kurz umreißen, was genau unter Mikromanagement verstanden wird und welche Gefahren sich dahinter verbergen, um dann ausführlicher auf die Frage einzugehen, wie Sie Mikromanagement vermeiden können, um mehr Zeit für strategische Planung zu erhalten.

Was ist Mikromanagement?

Von Mikromanagement spricht man, wenn der Fokus des Unternehmers, Geschäftsführers oder Managers sehr stark auf dem operativen Geschäft liegt, wenn eine hohe Detailorientierung vorliegt und ein starker Kontrollwunsch vorherrscht, wenn in der Folge festgelegte Abläufe und Strukturen bzw. Hierarchien missachtet werden und darüber hinweg eingegriffen wird. Ein weiteres Zeichen ist die Vernachlässigung von strategischen Fragen und Planungen und der Ruf als Chef, sich überall einzumischen.

 

Welche Gefahren liegen im Mikromanagement?

Grundsätzlich liegt die Gefahr  darin, dass das Agieren als Mikromanager unbewusst geschieht. Die Folgen werden erst später sichtbar, können dann aber gravierend sein. Neben den persönlichen Konsequenzen, wie dem dauerhaften Gefühl von zu wenig Zeit, chronischem Stress, Energielosigkeit und der Neigung zu Aufschieberitis bei strategischen Themen, hat das Handeln als Mikromanager auch Auswirkungen auf das Team.

Es führt zur Demotivation und erstickt Eigenverantwortung sowie den Wunsch nach Autonomie im Keim. Jeder Teamführer wünscht sich ein Team, was mitdenkt, die Dinge anpackt und Ergebnisse produziert. Leider frustrieren wir freidenkende Mitarbeitende mit dem Mikromanagement-Handeln und schränken sie in ihren Freiheiten ein. Zudem sinkt die Risikofreudigkeit und damit die Möglichkeit, aus Fehlern zu lernen und zu wachsen.

Eine weitere Gefahr liegt darin, dass wir die Haltung in unserem Team zur erlernten Hilflosigkeit begünstigen. Diese entwickelt sich, wenn wir unbewusst dazu neigen, alle Probleme an uns zu reißen und selber zu lösen, anstatt unser Team bei der Problemlösung zu begleiten und sie die Lösung selber entwickeln zu lassen. Hat sich die erlernte Hilflosigkeit im Team erst einmal breit gemacht, ist sie schwer wieder loszuwerden. Anstatt eigenständigem Denken und Handelnd herrscht dann Apathie und Ohnmacht vor. Mehr dazu lesen Sie hier in meinem Blogartikel

Und schließlich liegt ein Risiko darin, dass das übergeordnete Unternehmensziel, der Auftrag an den Kunden, in den Hintergrund gerät. Das übergeordnete Ziel stellt den Leuchtturm für alle Teammitglieder dar und verdeutlicht jedem Einzelnen seinen Beitrag am Gesamtergebnis. Fehlt jedoch die Zeit für strategische Themen und Strategiearbeit, verliert auch die Sinnhaftigkeit an Gewicht und gerät aus dem Fokus. Dies führt  dazu, dass der eigene Sinn in der Arbeit nicht mehr spürbar ist.

 

 

Wie kann ich Mikromanagement vermeiden und mehr Zeit für strategische Planung gewinnen?

Um Mikromanagement zu vermeiden können die folgenden 6 Strategien helfen:

 

1. Fehlertoleranz entwickeln und eine Fehlerkultur implementieren

„Wo gehobelt wird, fallen Späne“ heißt es und tatsächlich ist die Akzeptanz von Fehlern eine wesentliche Fähigkeit in unserer so schnell gewordenen Welt. Agiles Arbeiten bestimmt den Markt und das bedeutet, dass nicht alles bis ins letzte geprüft und getestet werden kann. Das neue Produkt oder die neue Dienstleistung geht in den Markt und in der realen Anwendung wird es weiterentwickelt. Dieses Prinzip hilft auch, dem Mikromanagement vorzubeugen.

Wenn Sie sich mehr auf die strategischen Themen konzentrieren und sich dafür ein Stück weit aus den operativen Themen zurückziehen, werden Sie zwangsläufig mehr Verantwortung ans Team delegieren müssen. Und die werden Fehler machen.

Es geht also darum, gemeinsam zu wachsen, Fehler zuzulassen und aus ihnen zu lernen. Hier ist ein strukturiertes Vorgehen hilfreich, z.B. in Form eines regelmäßigen Entwicklungs-Meetings, bei dem Fragen, wie „Was konnten wir in diesem Monat lernen?“ „Wo haben wir uns weiterentwickelt?“ oder ähnlich diskutiert werden.

 

2. Das eigene Ego zurücknehmen

Wir geben es ungern zu, jedoch werden wir auch immer durch unser Ego getrieben. Und festzustellen, dass ein Teammitglied in einem Themenfeld besser ist als wir, kann eine bittere Pille sein.

Hier gilt es sich bewusst zu machen, was unsere eigentliche Aufgabe ist, nämlich das Unternehmen voranzubringen. Dazu ist es unabdingbar, dass wir uns den strategischen Fragen zuwenden und „am“ Unternehmen statt „im“ Unternehmen zu arbeiten. Dies gilt auch für alle Einzelunternehmer und Selbständige, denn Mikromanagement trifft auch Unternehmer ohne Team.

Eine mögliche Reflexionsfrage könnte lauten: Ist das wirklich jetzt und hier meine Aufgabe?

 

3. Vertrauensvorsprung geben

Als Unternehmensinhaber und Führungskräfte sind wir schnell im Denken und manchmal neigen wir auch dazu zu denken, dass wir die Aufgaben besser erledigen, als unsere Mitarbeitenden. Dann geht damit auch ein kleiner Kontrollwahn einher, nach dem Motto: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!

Hier wirkt auch die erste Gegenstrategie der Fehlertoleranz und Fehlerkultur. Es erfordert jedoch manchmal auch etwas innere Arbeit, nämlich die Anerkennung, dass andere auch gute Arbeit leisten. Das interessante daran ist, dass wir durch unsere innere Einstellung Einfluss auf die Leistung unseres Teams haben, denn die innere Haltung beeinflusst unser Verhalten ihnen gegenüber und dies wiederum beeinflusst deren Verhalten. Das nennt man Rosenthal-Effekt.

 

4. Bewusstsein stärken

Wenn wir etwas neues lernen oder unser Verhalten verändern, besteht immer die Gefahr, in alte Muster zurückzufallen. Hier ist es also hilfreich, das eigene Bewusstsein zu schärfen und sich insbesondere anfangs regelmäßig selbst zu reflektieren.

Eine Unterstützung können Leitfragen bieten. Diese können lauten:

  • Wo habe ich heute/ diese Woche strategisch gearbeitet?
  • Wo habe ich heute/ diese Woche meinem Impuls widerstanden, in die operativen Prozesse einzugreifen?
  • Wo habe ich heute/ diese Woche bewusst Verantwortung ans Team delegiert?
  • Was konnte ich heute/ diese Woche dazulernen?

Sie können selber kreativ werden und eigene Fragen entwickeln. Wichtig ist jedoch die positive Ausrichtung in die Zielausrichtung. Sie sollen sich also nicht fragen, ob sie Mikromanagement betrieben haben, dann würden Sie im Problembewusstsein bleiben.

 

5. Strukturen aufbauen

Es gelingt viel leichter, die Verantwortung abzugeben, wenn wir das Gefühl haben, alle wissen, was zu tun ist und alles läuft in geregelten Bahnen.

Dieses Gefühl der Sicherheit erhalten Sie, wenn Sie mit dem Team, idealer Weise gemeinsam, feste Arbeitsabläufe und -prozesse sowie Standards festlegen. Das erfordert ggf. einen zusätzlichen Arbeitsaufwand. Aber wie das mit Prozessen so ist, muss man anfangs etwas investieren, aber hinterher spart es Zeit.

Es geht im Übrigen nicht darum, alles bis ins letzte Detail festzulegen, denn auch diese würde wieder dazu führen, dass das Team dabei blockiert wird, eigenständig zu denken.

 

 6. Loslassen

Der Hang zum Mikromanagement kann auch dadurch getrieben sein, dass es uns innerlich schwer fällt, gewohnte Bahnen zu verlassen und sich in unbekannte Weiten zu begeben. In unseren operativen Geschäft fühlen wir uns wohl, hier kennen wir uns aus, den Job machen wir aus dem Effeff.

Sich mit strategischen Themen auseinander zu setzen und am Wachstum des Unternehmens zu arbeiten, bedeutet, in Neues Vorzudringen, ungewohnte Pfade zu gehen und das ist unbequem. Es werden Fehler passieren, wir haben keine Kontrolle und fühlen uns latent unwohl.

Es steckt jedoch auch ganz viel Gestaltungsspielraum darin und häufig aktiviert es auch den Visionär in uns und wir finden ganz schnell großen Gefallen daran. Denn dies war der Grund, Unternehmer zu werden, wir wollten gestalten.

 

Also: raus aus dem Mikromanagement und rein in die Führung!