Ich erzähle nichts neues, wenn ich sage, dass sich unsere Welt verändert hat und immer schneller wird. Leider haben wir uns nicht gleichschnell anpassen können.
Und so sind wir permanent im Tun verhaftet, schauen ständig aufs Handy, springen von Aufgabe zu Aufgabe, jonglieren unsere Alltagsanforderungen, werden von einer Terminflut überrollt und von der Hetze beherrscht. Wir sind ständig in Eile, permanent abgelenkt und fühlen uns zunehmend erschöpft.
Auf diese Weise bringen wir uns langsam aber sicher um!
Wenn dann eine Lösung gesucht wird, um aus diesem Hamsterrad auszusteigen, stoßen wir häufig auf die klassischen Zeitmanagement-Tools, die uns dabei helfen sollen, mehr in weniger Zeit zu schaffen. Auch ich habe diese Strategien jahrelang gelehrt und selber angewendet.
Mittlerweile bin ich jedoch zu dem Schluss gekommen, dass wir anstatt noch produktiver zu werden, weniger, diese Dinge jedoch besser tun müssen.
Was bedeutet das konkret?
Zunächst müssen wir akzeptieren, dass wir in unserer Welt des Überflusses, der unendlichen Möglichkeiten, nie alles schaffen werden oder tun können- und, dass das ist völlig in Ordnung ist!
Haben wir das verinnerlicht, können wir 3 Strategien anwenden:
1. Orientierung an unseren Werten:
Wie oben beschrieben, werden wir es nie schaffen, alles zu erledigen. Das kann frustrierend sein und uns orientierungslos machen, nämlich dann, wenn wir vor lauter Möglichkeiten nicht wissen, was wir wählen sollen.
Da dies ein Phänomen unserer Zeit geworden ist, benötigen wir eine neue Orientierung und die können uns unsere eigenen Werte geben. Wenn wir nämlich unser Leben an unseren Werten ausrichten, fällt es uns leichter eine Auswahl zu treffen bzw. auch mal „nein“ zu sagen und uns ganz bewusst auf das zu besinnen, was uns wirklich wichtig ist.
Hier hilft es, in Ruhe über seine eigenen Werte, und zwar durchaus getrennt im privaten und im beruflichen Bereich nachzudenken und diese aufzuschreiben.
2. Achtsamkeit trainieren:
Durch das ständige hin- und herspringen zwischen Aufgaben verlieren wir unglaublich viel Zeit. Eine Studie hat festgestellt, dass wir beim Wechsel zwischen nur zwei Aufgaben 40% mehr Zeit benötigen, als würden wir diese beiden Aufgaben nacheinander abarbeiten.
Um das also zu vermeiden und wertvolle Zeit einzusparen, sollten wir uns auf eine Aufgabe konzentrieren und diese bis zum Ende bearbeiten, ehe wir mit einer neuen beginnen.
Das ist leichter gesagt als getan, denn überall locken Verführungen in Form von Hinweistönen einer neuen Mail, einer Facebook- oder Whats App Nachricht. Das fatale dabei und der Grund, warum wir diesen kleinen akustischen Signalen oder Zahlen auf dem Smartphone-Display fast nicht widerstehen können, sind kokain- und opiatähnliche Botenstoffe, die unser Gehirn ausschüttet, wenn wir unsere Mitteilungen checken. Kurz gesagt: es macht uns süchtig!
Abhilfe können wir zum einen schaffen, indem wir möglichst alle Störquellen und Verführungen ausschalten. Ich weiß, das verursacht vielleicht bei dem einen oder anderen Panikanfälle (ein Zeichen für die Sucht), aber aus persönlicher Erfahrung kann ich sagen: eine Entwöhnung gelingt in kleinen Schritten.
Zudem können wir trainieren, grundsätzlich mehr im Hier und Jetzt zu sein, also unsere ganze Aufmerksamkeit der Tätigkeit, dem Menschen oder dem Augenblick zu widmen, der gerade da ist. Mehr zum Thema Achtsamkeit findest Du in diesem früheren Blog-Artikel
3. Den Alltag durch Selbstmanagement steuern:
Bei der dritten Strategie geht es dann darum, die altbekannten Zeitmanagement-Strategien auf die Dinge anzuwenden, die wir bewusst ausgewählt haben. Zum Thema Zeitfresser verweise ich benfalls auf einen früheren Blog-Eintrag.
Darüber hinaus gilt es, sich eine Routine anzueignen, um seinen Alltag im Griff zu behalten und nicht von ihm gesteuert zu werden. Dazu bietet sich das Kern-Thema des Zeitmanagement an, nämlich die Tagesplanung. Hierbei empfiehlt es sich, die einzelnen Dinge auszuprobieren und für sich zu testen, ob es passt oder nicht, um das zu behalten, was sich als hilfreich erwiesen hat und den Rest zu adaptieren oder ad acta zu legen.
Eine bewährte Methode, um die Aufgaben des Tages systematisch zu planen ist die A-L-P-E-N-Methode nach Lothar Seiwert. Die Anwendung der Methode gibt eine feste Planungs-Struktur in fünf Stufen vor, die die Gefahr der Überplanung minimiert und einfach anzuwenden ist. Dabei stehen die Buchstaben für jeweils einen inhaltlichen Planungsschritt:
A – Aufgaben: Notieren aller Aktivitäten, Aufgaben und Termine des Tages, die zu erledigen sind.
L – Länge: Schätzen der Dauer der jeweiligen Aktivitäten.
P – Pufferzeit: Reservieren von 40% für Unvorhergesehenes.
E – Entscheidung: bei Überplanung.
N – Nachkontrolle: der unerledigten Aktivitäten.
Bevor ich die einzelnen Schritte noch näher ausführe, noch ein paar Tipps & Hinweise:
- Vermeide Aufschieberitis
- Pausen sind echte Leistungsbooster
- Beachte Deine persönliche Leistungskurve
- Vergiss Multitasking
- E-Mails im Block bearbeiten
- Störungen ausschalten (soweit möglich)
- Ordnung auf dem Schreibtisch schafft Ordnung im Kopf
- „Nein“-sagen lernen
- Checklisten anlegen für Wiederkehrendes
- Ab und zu mal offline gehen
- Perfektionismus vermeiden
- Zeit für Müßiggang einplanen
Planen nach der A.L.P.E.N.-Methode
A – Aufgaben: Notieren aller Aktivitäten, Aufgaben und Termine des Tages, die zu erledigen sind.
Hierbei ist zu beachten, dass neben den offensichtlichen Aktivitäten wie Terminen auch Routineaufgaben, Unerledigtes vom Vortag oder auch Telefonate zeitlich eingeplant werden müssen. Denn dort läuft und die Zeit oft aus dem Ruder.
L – Länge: Schätzen der Dauer der jeweiligen Aktivitäten.
Die Erfahrung zeigt, dass die Dauer unterschätzt wird. Die tatsächlich benötigte Zeit der Aktivität ist also häufig länger als sie geplant wird. Auch wird die Gesamtzeit überschätzt. Dies führt dazu, dass man anfangs mehr plant, als bewältigbar ist. Hierin liegt die Gefahr, dass durch den anfänglichen Misserfolg der Planung die Motivation zur Planung selbst schnell verloren geht. Es empfiehlt sich also eher großzügig zu schätzen.
Zudem empfiehlt es sich, Deadlines knapper zu setzten, da die Erfahrung zeigt, dass Aufgaben so viel Zeit in Anspruch nehmen, wie man ihnen einräumt. Kürzere Deadlines sparen also Zeit, weil man dann konzentrierter arbeitet und Störungen konsequenter unterbindet.
P – Pufferzeit: Reservieren von 40% für Unvorhergesehenes.
Es empfiehlt sich, nicht die gesamte zur Verfügung stehende Zeit zu verplanen, da Störungen, Zeitdiebe und anderes Unvorhergesehenes mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eintreten werden. Als Grundregel gilt: 60% für geplante Aktivitäten und jeweils 20% für Unvorhergesehenes sowie spontane Aktivitäten.
E – Entscheidung: bei Überplanung.
Da erfahrungsgemäß die Pufferzeiten nicht jeden Tag eingehalten werden können und dementsprechend nicht alle Aufgaben an diesem Tag erledigt werden, steht die Entscheidung an, welche Aufgaben die höchste Priorität besitzen bzw. ob Aufgaben gekürzt oder delegiert werden können. Sollte die verfügbare Zeit dennoch nicht ausreichen und die Aufgaben nicht gestrichen werden können, sind das Schieben auf den nächsten Tag oder die Ausweitung der eingeplanten Zeit für den Tag unerlässlich.
N – Nachkontrolle: der unerledigten Aktivitäten
Bei wiederholtem Übertragen von Aufgaben auf den nächsten Tag ergibt sich die Notwendigkeit zu entscheiden, ob die Aufgabe erledigt oder, unter Berücksichtigung der Folgen, von der To-Do-Liste gestrichen wird.
Meine Empfehlung:
Langsam starten! Vielleicht zunächst den Kalender nutzen, um neben festen Terminen und Meetings auch Aufgaben zu terminieren und wer ganz mutig ist, trägt zusätzlich 1 Stunde Puffer pro Tag ein.
Dann das Ganze 2-4 Wochen testen, ehe eine weitere Komponente hinzu kommt.