Es ist ein Phänomen unserer Zeit, dass wir ständig in Aktion sind: wir tun etwas, planen etwas oder werden von außen beschallt.

Und so bezieht sich das Thema Abgrenzung nicht nur darauf, Abstand zu Personen oder Gedanken zu bekommen, sondern ist zu einem sehr wichtigen und komplexen Thema geworden. Und die Kompetenz, sich abgrenzen zu können, hat sich zu einer wichtigen Gesundheitsressource entwickelt.

Im Folgenden möchte ich Dir zunächst aufzeigen, welche Folgen es hat, wenn Abgrenzung nicht gut gelingt und anschließend Hilfestellungen geben, wie Du lernen kannst, Dich abzugrenzen.

 

Was passiert, wenn wir unter ständiger Belastung durch Aufgaben, sorgenvollen Gedanken oder äußeren Reizen stehen?

Unser Organismus ist nicht darauf ausgelegt, in ständiger Aktivität zu sein. Die Evolution hat vorgesehen, dass sich Zeiten von höherer Aktivität und Zeiten von Erholung abwechseln. So sind wir optimal leistungsfähig und gesund. Unsere moderne Lebens- und Arbeitswelt zeichnet sich jedoch von unablässigen Reizen, nicht enden wollenden to do Listen, permanentem Zeitdruck und unaufhörlichen Anforderungen aus dem Arbeits- und privatem Umfeld aus. Informationsflut, Arbeitsverdichtung, Beschleunigung und ständiger Wandel sind neben modernen Kommunikationsmedien, Social Media- und Handysucht die Schlagworte.

Durch diese permanente Tun kommt unser Organismus aus dem Gleichgewicht, unsere Energie sinkt und wir verlieren an Leistungsfähigkeit. Dies geschieht jedoch ganz langsam und so besteht die Gefahr, dass wir uns an die gesunkene Leistungsfähigkeit gewöhnen und die damit einhergehenden Symptome, wie Ein- und Durchschlafstörungen, Gedächtnis- und Konzentrationseinbußen, Schmerzen jeglicher Art, wie Nacken- Kopf oder Magenschmerzen und Gedankenkreise, um nur einige zu nennen.

Langsam aber sicher rutschen wir auf diese Weise in eine Erschöpfungsspirale, fühlen uns zunehmend unwohl, belastet, sind gereizt, unzufrieden und verlieren an Leichtigkeit und Lebensfreude.

 

Wie kann ich lernen, mich besser abzugrenzen?

Hier möchte ich unterscheiden zwischen drei Anlässen für Abgrenzung:

  1. Abzugrenzen vor Sorgen und kreisenden Gedanken
  2. Abgrenzung vor zu vielen Anforderungen
  3. Abgrenzung gegenüber permanenter Reizüberflutung

 

Abzugrenzen vor Sorgen und kreisenden Gedanken

Kreisende Gedanken rauben uns häufig den Schlaf und ziehen uns immer tiefer in ihren Sog. Hier kann man zwei Taktiken anwenden und diese auch kombinieren:

1. Ablenkung: Sehr viele Dinge, um die wir uns Sorgen machen treten nie ein, einen weiteren großen Teil können wir nicht beeinflussen und nur ca. 4% der Dinge, um die wir uns sorgen tritt tatsächlich ein. Dieses Wissen allein kann schon zu einer großen Erleichterung führen, indem Du Dir sagen kannst: „ich befasse mich damit, falls es eintritt“. So gelingt es Dir, mental Abstand dazu zu bekommen. Jedoch wird das nicht beim ersten Versuch gelingen, sondern benötigt Wiederholung. Ergänzend dazu kannst Du Dich ablenken, d.h. Deine Aufmerksamkeit auf etwas anderes lenken. Dies kann ein Buch sein, Fernsehen, Sport, Putzen, Holzfällen, ein Spaziergang oder eine geistige Übung. Bei aufkommender Panik hat sich beispielsweise bewährt, seinen Geist vor eine Aufgabe zu stellen, für die hohe Konzentration nötig ist, z.B. in 13er Schritten bis 1.000 zählen.

2. Umdenken: Das hört sich im ersten Moment vielleicht zu banal an, aber dahinter steckt ein Prinzip was sich kognitive Umprogrammierung nennt und darauf beruht, zu lernen konstruktivere Gedanken zu denken. Denn Stress geschieht vielfach in unserem eigenen Kopf. Auch hier ist etwas Übung erforderlich, aber es handelt sich um eine sehr nachhaltige Methode, die ich auch vielfach im Coaching anwende. Je nach Anlass können verschiedene förderliche Gedanken sinnvoll sein:

 

  • Realitätstestung und Konkretisieren: Ist es wirklich so?
  • Welche Beweise/Tatsachen sprechen für meine Sichtweise?
  • Welche anderen Möglichkeiten gibt es, die Situation zu erklären?
  • Wie sehen die anderen beteiligten Personen die Sache? Wie fühlen die sich?
  • Ist das immer so? Welche Ausnahmen gibt es?

 

  • Blick auf das Positive, auf Chancen richten:
  • Was ist das Gute an dieser Situation? Wozu könnte es gut sein?
  • Wo liegen Chancen?
  • Was kann ich in dieser Situation lernen?

 

  •  Orientieren an eigenen Stärken und Erfolgen:
  • Welche schwierigen Situationen in meinem Leben habe ich bereits gemeistert?
  • Wie habe ich das geschafft?
  • Worauf kann ich mich verlassen?

 

  •  Orientieren an positiven Konsequenzen und Entkatastrophisieren
  • Wie werde ich mich fühlen, wenn ich die Anforderung erfolgreich bewältigt habe?
  • Wie werden andere, die mir wichtig sind, auf meinen Erfolg reagieren?
  • Was würde schlimmstenfalls geschehen? Wie wahrscheinlich ist das?

 

  • Relativieren und Distanzieren
  • Wie werde ich  in einem Monat/ Jahr darüber denken?
  • Was denkt jemand, den die Situation weniger belastet als mich?
  • Wie wichtig ist diese Sache wirklich für mich? Was ist wichtiger als diese Sache?
  • Was würde mein Freund/meine Freundin mir in dieser Situation raten?

 

Ein tolle Übung, um grundsätzlich zu lernen, Dich selber besser wahrzunehmen und die Gedanken zum stoppen zu bringen ist, den Atem zu beobachten. Dazu findest Du einen Track auf meine CD Entspannungs- und Mentales Training, den Du hier anhören kannst. Wie immer gilt dabei: Übung macht den Meister. Es dauert einfach eine Zeit ehe es gelingt, die Gedanken einzufangen, wenn sie drohen zu kreisen. Ich empfehle Dir mit 3-7 Minuten täglich zu starten und je nach Bedarf auszuweiten.

 

Abgrenzung vor zu vielen Anforderungen

Wenn wir einfach zu viel zu tun haben und kein Ende in Sicht ist, liegt es häufig daran, dass es uns schwer fällt „nein“ zu sagen und wir dazu neigen, es allen rechtmachen zu wollen oder wir ein Perfektionismusthema haben.

Dann geht es darum, sich diesem inneren Muster zu stellen und „nein“ sagen zu lernen, sowohl sich selbst, als auch anderen gegenüber.

Im ersten Schritt kannst Du zunächst über eine Selbstbeobachtung herausfinden, in welchen Situationen Du dazu neigst, nicht gut für Dich zu sorgen und Du Dich nicht ausreichend abgrenzt. Hierzu helfen Dir folgende Leitfragen:

  • Was hat mich daran gehindert, „nein“ zu sagen/ mir noch mehr aufzuhalsen?
  • Welche Befürchtungen habe ich? Was denke ich passiert, wenn ich „nein“ sage?
  • Kann ich das zu einem Überthema zusammenfassen? -z.B. Angst vor Ablehnung,  Konflikte vermeiden wollen, Drang, mich beweisen zu wollen,…

Wenn Du Dein Thema herausgefunden hast, kannst Du Dir mentales Training zur Hilfe nehmen und einen sogenannten Erlauber an die Seite stellen. Dieser Erlauber erinnert Dich daran, dass Du für Dich sorgen darfst. Außerdem kannst Du ihn nutzen, um Dein Antreiber-Muster zu überschreiben. Eine Formulierung könnte lautet: „Ich darf nein sagen und bin trotzdem ein liebenswerter Mensch!“ oder „Ich darf für mich sorgen!“ oder „Ich genüge!“.

Du kannst anschließend mit Deinem Erlauber arbeiten und Dir z.B. den Satz irgendwo hinschreiben, wo Du häufig draufschaust. Außerdem kannst Du ihn Dir täglich morgens und abends vorsagen. Auf diese Weise prägt er sich in Dein Unterbewusstsein ein und Du wirst feststellen, dass es Dir immer leichter fällt danach zu handeln. Anfangs kann sich jedoch massiver Widerstand dagegen zeigen.

 

Wer mehr dazu lernen möchte findet hier Informationen zu meinem Online-Kurs „Nein“-sagen lernen:

Abgrenzung gegenüber permanenter Reizüberflutung

Hierbei geht es darum, seine Aufmerksamkeit zu trainieren und sich zu disziplinieren, nämlich selber nicht ablenken zu lassen. Das ist tatsächlich eine große Herausforderung. Aber es lohnt sich, denn zum einen hält es uns gesund, jedoch hat es noch einen weiteren Aspekt: wir sparen Zeit. Denn das Hin- und Herspringen zwischen verschiedenen Aufgaben kostet richtig viel Zeit. Wenn wir lediglich zwischen zwei Aufgaben wechseln brauchen wir 40% mehr Zeit, als würden wir sie nacheinander abarbeiten. Was also kannst Du tun?

  1. Sorge dafür, dass Du bei Aufgaben, die hohe Konzentration erfordern, ungestört bist: Schalte Dein Handy aus oder leg es weg; schließe am PC alle Programm, die Du für diese Aufgabe nicht benötigst; leite Dein Telefon um; schließe die Tür;…
  2. Trainiere Deine Aufmerksamkeit, indem Du Dir erst kleinere, dann immer größere Zeitfenster vornimmst, in denen Du Dich auf eine Aufgabe voll und ganz konzentrierst. Stell Dir dazu einen Wecker und verpflichte Dich, nichts anderes zu tun, bis der Wecker läutet.
  3. Überprüfe, welche Alarmsignale Du an Deinem Smartphone abstellen kannst und deaktiviere sie -es sind mehr als Du denkst ;-) Wenn es Dir unheimlich ist, dann fang mit einem an und weite es aus.
  4. Lege zwischendurch ganz bewusst Phasen ohne Smartphone und Social Media ein, Stichwort Digital Detox.
  5. Schalte beim Autofahren das Radio aus und konzentriere Dich einfach auf die Umgebung.
  6. Geh in die Natur, das gibt unserem Geist die größte Erholung.

Hierzu auch der Hinweis auf meinen Blogartikel mit dem ‚Thema Zeitmanagement neu betrachtet‘, den Du hier nachlesen kannst.

 

So, nun hast Du einige Anregungen erhalten und sicher passen nicht alle auf Dich. Mein Tipp: nimm Dir das raus, was am treffendsten ist und probiere es drei Wochen aus. Wenn es funktiniert behalte es bei und nimm dann ggf. etwas Neues hinzu.